unknown
German translation
Edited by Rudolf Thurneysen
p.254Das Werben um Ailbe
Es herrschte Fehde zwischen Cormac ua Cuinn und Find ua Baiscni. Der Grund des Streites war, daß Grainne ihren Haß auf Find geworfen und Diarmaid ua Duibne ihre Liebe geschenkt hatte. Infolge davon war Find vertrieben und die Fiana von ihm getrennt worden. Denn diese waren die Fußtruppe und das Hausgesinde des Königs Cormac. “Fiana” wurden sie deshalb genannt, weil sie die Krieger (fēnidi) und Soldaten des Königs waren. Nun war Finn ein Gegenstand der Sorge für die Männer Irlands, und es bedrückte sie, daß er auswärts weilte. Denn jeder Sohn eines Irländers, der bei Cormac in Kriegsdienst stand, dem pflegte Find einen Gegensold zu zahlen, um Cormac zu verspotten(?). Ferner jeder Irländer, der von Cormac (verbannt) der Freibeuterei lebte, — die pflegten sich in Finds Hause aufzuhalten, bis sie mit Cormac ausgesöhnt waren. Auch für Cormac selber war Find ein Gegenstand der Sorge; denn er war Führer der Fußtruppe bei Art, dem Vater Cormacs, gewesen.
So wurde Friede mit Find geschlossen und ihm die Fußtruppe und das Hausgesinde und die Hundeknechte und die Leitung der Jagd wieder übergeben, und Grainne wurde von ihm vertraglich geschieden. Cormac gab nun seinen Töchtern den Segen, wenn ein Mädchen unter ihnen wäre, das es wählen würde, mit Find das Lager zu teilen. Zu dieser Zeit hatte Cormac in Temair eine Tochter, deren Name Ailbe Gruadbrec ('mit der gesprenkelten Wange') war. Zu dieser Zeit war in Temair ein Druide, Citruad ('das rote Schaf') mac Fercaethod. Zu ihm pflegten alle Töchter Cormacs zu kommen, um ihn zu fragen, was ihnen bevorstehe. Er sagte es ihnen allen bis auf die letzte Tochter, eben Ailbe Gruadbrec. Diese kam einst ihn zu fragen, zu welchem der Männer Irlands sie gehen würde (d.i. welchen sie als Mann erhalten würde).
Da sprach das Mädchen: “Ich frage dich, lieber Citruad, was steht mir bevor?” usw.
“Es wird” sagte der Druide “auf diese Wiese von Temair morgen vor dieser Stunde der Gatte kommen, zu dem du gehen wirst.” — “Was für ein Mann ist das, und wie ist seine Gestalt und welches sein Alter und woher sein Geschlecht?” — “Hole mir ein gläsernes Gefäß mit dem Schaum richtigen Bieres darin, und ich will einen Schlafspruch für dich hineinsprechen, und die Farbe und die Art und das Aussehen des Mannes, zu dem du gehen wirst, wird (von dir) erblickt werden. Und morgen vor Sonnenaufgang sollst du kommen und mir berichten.” Nach dem Trinken des Getränkes ward ihr dann die Erscheinung. Und sie ging im frühen Morgengrauen vor Sonnenaufgang mit dem, was sie gesehen hatte, hin und berichtete es dem Druiden.
Und auf Grund der Worte, die sie sprach, formte der Dichter das Lied:
- Ich sah einen Helden mit einer Fülle von Waffentaten:
willkommen vor allen ist mir der mächtige, königliche Held!
Besondere Flammenhelle bestrahlte (eigentlich: besprenkelte) uns,
Purpurschein erfüllte uns.- Er hatte die Falten eines roten Mantels umgeworfen,
in dem er weilt mit dem Hag der Fiana auf dem Abhang.
Prachtvoll (leuchtet) über seine reine Schulter Gold,
durch Karfunkel erglühend.- Zwei Mann zu seiner Rechten mit erhabenen Sprüchen,
weiß wie der Schwan oder das Baumwollgras, um einen Mann,
so schwarz wie ein Rabe oder (wie einer,)
über den Mistkäfer ausgegossen sind.- Zwei Mann sind zu seiner Linken,
schwarz wie Schmiedekohle, um einen Krieger,
der weiß ist wie ein junger Sproß
dem viele Spangen(?) gegeben werden.- Zu seiner Rechten sind würdige Vier,
so rot wie ein druimnīn (“Rippchen”?) von Rotgold,
um zwei Dunkelbraune — eine liebe Glanzgabe —;
das ist ein Gefolge von trefflichen Menschen.- Dreimal Vier zur linken Hand
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an der Front der {⬌} Fläche:
vier Braune, vier Dunkle,
Vier wie rotes Feuer gestaltet.- Drei Rotten sind dann dort —
das gehört zu den trefflich-vollen Schätzen —;
Dreiundzwanzig, die nicht töricht sind,
die machen jede Rotte voll.- Eine Rotte aus den Söhnen kraftvoller Könige —
gleich jung ist jede Schar von ihnen —;
eine Rotte aus den Söhnen großer briuga's;
fünfzig Burschen mit hellkrausem Haar.- Es singen ihnen zu von den Spitzen von sieben gas (“Flöten”?)
junge Männer unter purpurgrünem Helm;
{⬌}
in Flußmündungen.- {⬌}der Vögel
auf den schwanken Ruten trockener Wurzeln;
dunkle Amseln spielen ihnen auf
neben der schönen, leisen Weise der “Männer des Epheus”.- So süß der Met in lauteren Gefäßen ist,
der bei den Gelagen von Tailtiu ausgeschenkt wird:
ich würde — ein Wort mit Glanz —
etwas (davon) vertauschen um gebratenes Wildschwein.- Mag ich in Temair eine Streu von reinem Flaum
unter meinen zwei Seiten haben:
ich möchte Birkenlaub an meine Haut legen
unter der Krone einer Eiche mit brauner Frucht.- Mögen auch gekrümmte Harfen erklingen,
Pfeifen, hohlschlundige Hörner:
lieber würde ich der lauteren Vogelschar zuhören
bei ihrem preisenden Gesang.- So wuchtig, wuchtig die glatten Rennpferde
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Cormacs, des Sohnes Arts, über das Bregiafeld jagen,
sie stehen den schönen Tieren (dem Wild)
um Cenn Drommo über der Boyne nicht gleich.- Wenn die feine, schlanke Schar
um die weißen Streifen der Schachspiele ist,
so wird sie für das Bregiafeld gehalten,
mit seinem Glanz unter den Büscheln von Blüten und Butterblumen.- Was ich heil, in meinem Körper gesehen habe —
wenn es meinem Väterchen Cormac recht wäre,
so würde ich die Burg, in der ich aufgewachsen bin, dahingeben
für die Schätze, die ich gesehen habe.
Einst wurde durch Cormac das Fest (Gelage) von Temair für die Scharen von ganz Irland abgehalten. Zu diesem Gelage kamen gleichermaßen Könige und Tronberechtigte, Briugas und Ollams und Fian-Mitglieder und Freibeuter und Räuber und Wildsteller und die “Leute der Kunst” von ganz Irland und ihre edlen Kinder, klein und groß. Sieben Jahre lang pflegte man vorzubereiten für die Feier des großen Gelages von Temair, wenn die Männer von ganz Irland zum Zechen kamen. Und ein Jahr bereitete man vor für Könige und Hochadlige. Sieben Tage und sieben Nächte schmauste man. Zu diesem Zechen kam kein König ohne Königin, kein Eleganter ohne Elegante, kein Fian-Mitglied ohne Kriegerfrau, kein Friedfertiger ohne Liebchen, auch kein Briuga ohne Gefährtin, kein Jüngling ohne Geliebte, keine Jungfrau ohne Geliebten, kein Mensch ohne Kunst. Dort ordneten sich die Könige und die Ollams um den König von Temair, Cormac mac Airt; nämlich die Könige und die Ollams zusammen, die Fiana und die Freibeuter für sich, die Jünglinge und die Mädchen und das dumme rohe Volk bei den Toren. Und jedem von ihnen wurde sein zukommender Teil gegeben, nämlich feine Baumfrüchte und Ochsen und Eber und gesalzene Schweine den Königen, den Ollams und den sonstigen p.263 vollgültigen edeln älteren Männern der Irländer; Hausmeier und Hausmeierinnen zerlegen für sie und schenken ihnen aus. Rotes Fleisch sodann von Eisenspießen, richtiges Malzgebräu und frisches und altes Bier den Fiana und Freibeutern; Narren und Trankträger zerlegten für sie und schenkten ihnen aus. Da war auch Fleisch von Kälbern und Lämmern und Ferkeln und der siebente Teil der Ausschanks außer dem Met für die Jünglinge und Mädchen; denn ihr Geplauder unterhielt sie {⬌}; männliches und weibliches Mietvolk zerlebte für sie und schenkte ihnen aus.
Die Männer Irlands kamen aus jeder Richtung zum Fest von Temair. Auch Find mit den Fiana kam auf die Burgwiese von Temair, und sie erhoben den Kriegsgesang gegen die Schäfte ihrer Speere. Und unter den Musikweisen Irlands gab es weder Weise noch Gesang, der hellklingender war. Damals befand sich die Jungfrau in einem Gemach (Häuschen) abseits, indem sie mit goldenem Stickfaden an dem Helm Cormacs, ihres Vaters, hantierte. Und es war die Sitte Cormacs, wenn die Geschäfte der Männer Irlands ihn freiließen(?), so ging er immer hinaus, um die Jungfrau zu sehen wegen seiner großen Liebe zu ihr und wegen der Geschicklichkeit ihrer Hände für ihn. Denn es gab zu jener Zeit kein Mädchen, das ihr gleichgekommen wäre bei der Hantierung mit Gold und Silber und an Verstand, Schönheit und Geschlecht, an Klugheit, Beredsamkeit und Dichtkunst. Beim Hören der Fian wurde aber der Sinn der Jungfrau so ergriffen, daß verkehrt und unrichtig war, was ihre Hände taten. Cormac bemerkte die Unfähigkeit der Jungfrau, ihre Hände zu gebrauchen. Er unterwies sie.
Davon sang der Dichter:
- Was verwirrt dich, Tochter?
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Was ist das für ein Umsturz deines Verstandes?
Laß dir den erinnerungsstarken Sinn nicht trüben
durch den Ruf der Fiana vor Temair.- Den Gesang eines grauen Mannes hab ich gehört,
einen Schrei des Triumfs, der zu (Dichter-)Sprüchen anfeuert.
Nach dem Sieg in schönen Wettrennen
hat er eure Versammlungen geschlagen.- Wenn ihr jungen Frauen alle es hören wollt:
auf Graue muß man nicht lauschen.
Mögen sie auch einen richtigen Baßgesang ausführen,
ihre Schulden treiben sie nicht ein.- Ein grauer Mann mit einem kleinen Rest von Lebenßeit,
der hat einen dünnleibigen Verstand.
Jede Versammlung, bei der du bist,
ist vollkommener als der Krieger der Geiselschar(?).- Wenn da, wo man einen Beutezug sieht,
die muntere Pferdeschar dich schön dünkt,
nicht {⬌},
wenn du auch nach einem alten Roß blickst.- Besser zur Fortbewegung ist ein gutes Pferd, das nicht tollt; mit ihm kann sein Krieger entkommen: das Fohlen, das (noch) nichts ist, läuft, stürzt, bricht seine Knochen.
- Ich habe heute etwas Wunderliches gehört frühmorgens nach dem Aufstehn: eine Färse (lief) an dem Stier vorbei, der sie liebte; sie begab sich(?) rasch zum großen Ochsen.
- Der Ochse, der kundig den Karren zieht, durch den füllt sich die Tenne rasch: so mutig der Stier ist über jede Schar hin, von Ferkeln wird die Herde nicht voll.
- Was ist das Rechte(?) für ein buntgeschmücktes junges Weib (eine gesprenkelte junge Kuh?) {⬌} unterdessen: dem Grauen das Lager zu spreiten statt dem jungen Sproß, das wird dich in eine schlechte Ehe bringen.
- Ich weiß, wenn ich auch nicht in einen Wald gekommen bin:
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besser ist die Frucht eines vollständigen Baumes.
Die zarte Rute soll man nicht lieben,
sie wird ein geringes Wachstum haben.- Ich habe ein Abkommen gehört, das nicht klug war: daß ein Mädchen zu einem alten Krieger geht. Nichts Gutes befürchte ich davon (oder: nichts Großes wird dadurch erreicht): eine kurze Weile bis zur Dürre des Hasses.
- Darum lieb ich einen alten Mann, weil der Hieb, den er führt, nicht allzu weichlich ist. Nicht gewöhnlich ist ein Zitterglied an seinem Leibe, wie es auch mit seiner Leibesschönheit stehen mag.
- Besser ist Temairs Wall, der sein Alter erreicht hat — es ist sicher, daß sein Verdienst ein dauerndes ist — als die Feste, die gestern neu war, die durch Mac Arrtaile(?) aufgeworfen wurde.
- Schickt sich der hübsche Zweig von duirmel(?) unter die Seite der Eiche? Denn es verkümmern dort ohne Wärme die Pflanzen, unter den fruchtreichen Eichen.
- Möge dein Zustand nicht kummervoll werden wie der des Vogels, um den sich die Schlinge schließt. Du kannst es nachher nicht rückgängig machen, wenn dein Lager dich auch reut.
- Wozu lockst du den Vogel in seinem makellosen Flaum in Fallen? Ich würde meinen Fuß nicht in eine Schlinge setzen, wo ich meinen Endtod erwarten müßte.
- Nicht mißfällt mir das Verhandeln an deiner Seite — häßlich ist ein graues Gesicht für einen Krieger —; das wird dich vollkommen machen, es wird der Tochter alles Gute bringen.
- Sicher ist mir, auch wenn ich es täte, das Abweisen eines grauköpfigen Kriegers: mein Väterchen würde mich darum nicht verklagen, wegen des Gehns zur lautern Fian.
- Auch wenn ich dir sage: 'Liebe keinen Alten; das ist, was ein gutes Weib tun wird', so pflegte ich Tapferkeitsschulden nicht abzuweisen {⬌} für einen guten Menschen.
p.269- {⬌}
- Warum sollten ich und du uns nicht unterreden, wo es ja keine Mühe machen kann? Wenn das Tun eines Weibes gut sein kann, so ist gut, was ich gehört habe.
Darauf kam jemand von Cormac, um Find zu fragen, welche Kunst, die er besitze, er nach Temair bringen werde. “Ich bin gut beschlagen in alten Sprüchen und in der Herausforderung zur Wechselrede” sagte Find, “und das hält mich nicht ab. Ich werde Scenb Scuile bringen; dessen Kunst wird sein(?), um Frauen und Mädchen zu freien.” — “In die Stadt kommt” sagte Cormac “kein König ohne Königin, kein Fian-Mitglied ohne Kriegerfrau, kein Briuga ohne Gefährtin, kein Friedfertiger ohne Liebchen, kein Jüngling ohne Geliebte, keine Jungfrau ohne Geliebten, kein Mensch ohne Kunst.” — “Ich habe” sagte Find “bis jetzt dreimal fünfzig Wahlwerbungen bei den Töchtern von Herrschern der Irländer und Schottländer angebracht, und sie gaben sich alle den Fiana Irlands zu eigen, so daß kein zur Hälfte schiefes Joch und kein zur Hälfte leeres Lager da ist als nur mein eigenes. Wenn ihr nun eine feine Frau habt, die keine falsche Feine ist, so übergebt sie mir.” — “Frage du selber nach” sagte Cormac “im Kreise der feinen Frauen, ob sich eine unter ihnen findet, die dir antwortet und das Redespiel mit dir spielt.” — Darauf ging Find selber in die Stadt und kam in das Gehöfte, in dem die Töchter Cormacs waren in einem prächtigen grianān (eigentlich 'Söller'), Borten webend und Stickfaden von Gold und Silber auf Gewand von allen Farben.
Da sprach Find folgende “Schnitzel der Eleganz”: “Mädchen”, sagte Find, “ist unter euch jemand, der Folgendes weiß?”
“Welches Naß ist weiter ausgebreitet als alle Meere?” — “Der Tau ist weiter ausgebreitet”, sagte Ailbe Gruadbrec, Cormacs Tochter. Sie antwortete, weil im Hause auf Seiten der Frauen keine Klügere war, und auch weil sich die Rede an sie richtete.
“Was ist süßer als Met?” sagte Find. — “Vertrautes Gespräch” sagte das Mädchen.
“Was ist rötlicher als Blut?” sagte Find. — “Das Erröten edler Kinder” sagte das Mädchen.
“Was ist schwärzer als der Rabe?” sagte Find. — “Der Tod ist schwärzer” sagte das Mädchen.
“Was ist weißer als Schnee?” sagte Find. — “Die Wahrheit” sagte das Mädchen.
“Was ist schneller als der Wind?” sagte Find. — “Der Gedanke” sagte das Mädchen.
“Was brennt heißer als Feuer?” sagte Find. — “Das Antlitz des Briuga (Wirts), wenn ihm in seinem Haus Gäste angesagt werden und er ihnen nichts zu geben hat” sagte das Mädchen.
“Was ist feister als der Speck eines Mast-Ebers?” sagte Find. — “Der Haß eines Mannes, von dessen Liebe man abläßt” sagte das Mädchen.
“Was ist schwerer (drückender) als Schlepplasten?” sagte Find. — “Die Kälte” sagte das Mädchen.
“Was ist schneidener als das Schwert?” sagte Find. — “Der Verstand?” sagte das Mädchen.
“Was ist zerbrechlicher als die Erdnuß?” sagte Find. — “Die Natur (der Charakter) eines eifersüchtigen Weibes” sagte das Mädchen.
“Was ist leichter als ein Fünkchen?” sagte Find. — “Der Sinn eines Weibes, das zwischen zwei (Männern) ist” sagte das Mädchen.
“Was ist widerstandsfähiger als der Strand?” sagte Find. — “Die Klippe” sagte das Mädchen.
“Welches ist das Kraut(?), das für jedermann gekocht wird?” sagte Find. — “Die Zange des Schmiedes” sagte das Mädchen.
“Wer ist der lebendige Sohn, der von einem toten Weib geboren wird?” sagte Find. — “Feueranzünden im Munde von gainel” sagte das Mädchen.
“Was ist schöner als der Fingerhut?” sagte Find. — “Ol der Arglist” sagte das Mädchen, “d.h. ul um in Schande zu bringen: wenn er dich betrügen will, dann zeigt er dir seine schönste Art.”
“Wieviel Bäume sind in Assal?” sagte Find. — “Zwei Bäume” sagte das Mädchen, “der grüne und der dürre.”
“Wieviel Pferde kommen nach Tailtiu?” sagte Find. — “Zwei Pferde” sagte das Mädchen, “Stute und Hengst.”
“Welches ist das beste Kleinod?” sagte Find. — “Das Messer” sagte das Mädchen, “denn man gleicht es dem Verstande.”
“Was ist das Beste am Krieger?” sagte Find. — “Hohe Tat und demütiger Stolz” sagte das Mädchen.
“Was ist das Beste am Weib?” sagte Find. — “Sanftheit, Häuslichkeit, Züchtigkeit, Schweigen, reden Können” sagte das Mädchen.
“Was ist die beste Speise?” sagte Find. — “Die Milch” sagte das Mädchen; “gut ist sie frisch, gut ist sie alt, gut ist sie dick, gut ist sie dünn; sie nährt das Kind, sie erhält den Altersschwachen.”
“Was ist die schlechteste Speise?” sagte Find. — “Ein mageres Gerippe, verdorbene Fettbrühe” sagte das Mädchen; “wo du es findest, wirf es weg.”
“Was hält weder Riegel noch Kette fest?” sagte Find. — “Den Blick einer Hübschen nach ihrem Freund” sagte das Mädchen.
“Was ist das Beste an Rede?” sagte Find. — “Weisheit, Kürze” sagte das Mädchen.
“Was ist das Beste fürs Auge?” sagte Find. — “Kaltes, Fett, Dunkel” sagte das Mädchen.
“Was ist das Schlechteste fürs Auge?” sagte Find. — “Glut, Reizung, Hunger” sagte das Mädchen.
“Was ist bitterer als Gift?” sagte Find. — “Die Beschimpfung durch den Feind” sagte das Mädchen.
“Was ist unsteter als das Wiesel?” sagte Find. — “Der Rat eines törichten Mannes” sagte das Mädchen.
“Was ist weicher als Flaum?” sagte Find. — “Die Handfläche an der Wange” sagte das Mädchen.
“Vielleicht scheinen wir den Männern Temairs genug Worte gewechselt zu haben, Mädchen” sagte Find. — “Wenn es denn genug ist” sagte das Mädchen, “du hast zu reden angefangen, dir steht der Abschluß zu.” — “Wenn es dir recht ist, zu mir ins Bett zu kommen und bei mir zu schlafen, Mädchen” sagte Find, “was du bei mir nach deiner Ankunft erhalten wirst, das wird dir hier sofort beschrieben werden und ich will es dir nicht verweigern. Und wenn dir das Angebot nicht gefällt, so bleibe bei deinen Leuten, damit es dich später nicht reut.”
Da sprach er:
- Wenn es dir recht ist, wirst du Haselmet in silbernen Bechern erhalten; auf Birkenlaub wirst du dich hinwerfen, wenn auch Pferde und Wagen fehlen.
- Ich weiß klar, du wirst (den Tag) nicht beschließen ohne ein gewaltiges Feuer an jedem Abend; ein Büschel Brunnkresse, ein Büschel Knoblauch über den Schiffen der Gefäße bei der Mahlzeit.
- Jeden Morgen wirst du erhalten {⬌}, das Wild von Mag Muirtheimni, das den Wald beim Bregia-Feld durchstreift.
- Um dir aufzuspielen wirst du haben {⬌}, grüne Pfeifen (Pfeifer?); den Gesang des Sitzes(?) des Met-Umgangs, gegen den die Fiana {⬌}
- Der Amboß unter Faustschlägen neben dem Kochherd, der verzweigten(?) Fian-Fläche; der Bratspieß in seinen {⬌} Radkunststücken, das Springen der gesprenkelten Hirschkälber durchs Dornicht.
- Die Herrlichkeit des Nüsse-Sammelns durch raschen Schlag(?); die Herausforderung des braunen Hirsches durch das Haselgestrüpp(?); der krummnasige, wurmhäutige tairnill(?); die Schar der Wiesel längs der belaubten Eiche.
- Preiselbeeren, zarte(?) Brombeeren, Himbeeren an Zweigen, Honigwaben, Schlehen am Dornstrauch, Heidelbeeren, die schönen Dächse, die Waldschnepfe.
p.279- Äpfel, braun-runde Eicheln, eine gute Last(?) durch den Wirbelwind, die dunkle Wildente, der untere Teil der Melde, das Büschel der Schlüsselblume, duilesc (eßbarer Seetang), von Klippen gesammelt.
- Steinwurf mit Schleuderung, das Schleudern nach Vogelscharen, der Fang von Salmen, Erdbeeren, Eier, Butterblumen, {⬌}, die den Kies waschen.
- Gesprenkelte springende Salme; der schlanke(?) Seehund, der plärrende, gestreifte; die Robben(?) des hellgrünen Weltmeers; das Fleisch der muntren, gezäumten Fohlen;
- Das Polster des grünflaumigen Waldes; das Sitzen auf Wachthügeln; das Lauschen auf die Stimme des schwarzen Baches; der lautere Wind durch den belaubten Eichwald.
- Fidchell, Brandub mit Sprenkelung, Buanbach, so sinnbetörend wie Diademe(?); der gemeinsame Trunk der rotschwertigen Freunde, klug teilt ihn unser Diener zu.
- Feines Zusammenleben in Liebe(?); Sport(?) dabei ohne Schamrotmachen; warme trauliche Gespräche; der Fuß wandelt nach Sonnenuntergang nicht mehr umher.
- Du sollst nicht in eine schlechte Ehe gebracht, nicht von Herrschern getrennt werden; es wird kein Jammern über düstere Tage sein; du wirst feine treffliche junge Leute haben.
“Dieses Angebot ist mir recht” sagte das Mädchen, “und das von dir zu erhalten, dünkt mich besser als ein größeres Gut von irgendeinem andern.” — “Wohlan, Mädchen”, sagte Find, “wir würden deine Verbannung (vom Hofe) annehmen, wenn keine Verletzung von Cormacs Gesetz dabei wäre.” — “Du wahrer Krieger”, sagte sie, “nicht eitel ist, was du sprichst. Laß uns Wald um Wald durchstreifen. Laß uns Gewänder ohne Purpur tragen. Laß uns Bier ohne Honig trinken. Lassen wir Pferde ohne Zügel springen. Laß uns das Tailtiu- p.281 Wettrennen ohne Wagen abhalten. Laß uns das Erbe ohne Klingen teilen. Laß uns das Land ohne (Anwesenheit der) Stämme teilen (spalten). Laß uns Nüsse ohne Zähne knacken. Möge jeder sein Wahl-Werben ohne Cormac vollziehn. Wenn ich einen oberen Mühlstein fände, würde ich mich zum untern Mühlstein machen. Wir werden den Willen Cormacs zu Haus tun”, sagte das Mädchen, “sobald wir zuerst das getan haben, was uns gefällt.” — “So wollen wir's machen” sagte Find. “Ich will die Tochter des Königs von Irland nach ihrer eigenen Wahl nicht abweisen. Denn wenn ich sie auch abweise, so wird eine schlimmere Werbung die Folge sein.” — Nachher ging dann das Mädchen mit Cormacs Willen zu Find, und Find zahlte 7 cumal als Werbepreis.
Find wollte sie unterweisen und sprach zu ihr: “Setze dich nicht in einen Stuhl, Mädchen”, sagte Find, “daß du ihn ausfüllst.” — “Geh auch nicht von der Jagd (zur Jagd?)” sagte das Mädchen, “bis du das Wild verteilt (bestimmt) hast.”
“Lege Hand an die Handarbeit, Mädchen” sagte Find, “daß man deine Behendigkeit sieht.” — “Verweile nicht, warte nicht auf deinem Bett, wenn du aufstehst” sagte das Mädchen.
“Gegen rohes Wesen ist ja das eine, Mädchen”, sagte Find. — “Aus kindlicher Liebe ist ja das andere” sagte das Mädchen.
“Auf diese Weise kann ich dich hier nicht erziehn”, sagte Find. — “Nichts Hervorragendes ist ein einzelner Mühlstein”, sagte das Mädchen. “Nicht um mit euch zu hadern oder mit dir zu streiten, tue ich das; nur hast du leicht reden, wenn du allein sprichst ohne jemandes Gegenrede.”
Das Mädchen war dann bei Find und gebar ihm drei Söhne. Deren Namen sind Raigne der Auserwählte und Uillenn Grünwimper und Caince der Purpurne. Von dem Raigne dem Auserwählten, den wir genannt haben, kommt Raigne im Land der Ui Conaill, von Uillenn Grünwimper kommt Sliab Uillinn in Leinster, von Caince dem Purpurnen kommt Cruach Cainci (Caince-Hügel) im Gebiet von Connaught. Find geschahen dann drei wunderbare Dinge, nachdem Ailbe zu ihm gekommen war. Er schlief am Flusse Sadb. Unter seine Brüste wurde eine weiß-purpurne Pustel mit dem Glanz eines Karfunkelsteins gesetzt. Auch wurde sein Haar gelb gefärbt, so daß es so gelb wie der Staub von Rotgold über Edelsteinen war. Und es wurde ein becherförmiges Fadennetz von hinten über seinen Kopf gezogen, so daß er so rund war wie eine Kugel aus findruine, und es wurde in seinem Leben nicht aufgelöst.
Daher wird die Erzählung vom Werben um Ailbe, Cormacs Tochter, durch Find ua Baiscni genannt.
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Title statement
Title (uniform): Tochmarc Ailbe
Title (translation, German): Das Werben um Ailbe
Title (supplementary): German translation
Editor: Rudolf Thurneysen
Author: unknown
Responsibility statement
Translated by: Rudolf Thurneysen
Funded by: University College, Cork and Professor Marianne McDonald via the CELT Project
Edition statement
2. Second draft, revised and corrected
Extent: 4665 words
Publication statement
Publisher: CELT: Corpus of Electronic Texts: a project of University College, Cork
Address: College Road, Cork, Ireland—http://www.ucc.ie/celt
Date: 2002
Date: 2008
Date: 2018
Distributor: CELT online at University College, Cork, Ireland.
CELT document ID: D303009
Availability: Available with prior consent of the CELT programme for purposes of academic research and teaching only.
Source description
Manuscript sources of base text:
- Dublin, Trinity College Library, 1336 olim H. 3. 17, pp. 827–831.
- Dublin, Trinity College Library, 1289 olim H. 1. 15, pp. 653–654.
- Dublin, Trinity College Library, 1328 olim H. 3. 9, 18th century, p. 58.
Editions
- See below.
Secondary literature
- J. Loth, Un parallèle au roman de Tristan en irlandais au Xe siècle, Acad. des Inscr. et Belles-Lettres. Comptes Rendus, 1924, 122–134.
- M. A. O'Brien, In indeoin fo dorndgaluib, Celtica 3 (1956) 180.
- Brian Ó Cuív, Miscellanea: 2. Agallamh Fhinn agus Ailbhe, Celtica 18 (1986) 105–124.
- Johan Corthals, Ailbe's Speech to Cithruad (Tochmarc Ailbe). É igse 34 (2004) 1–9.
The edition used in the digital edition
Thurneysen, Rudolf (1921). ‘Tochmarc Ailbe ’Das Werben um Ailbe’’. In: Zeitschrift für Celtische Philologie 13. 251–282: 254–282.
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@article{D303009, author = {Rudolf Thurneysen}, title = {Tochmarc Ailbe 'Das Werben um Ailbe'}, journal = {Zeitschrift für Celtische Philologie}, number = {13}, address = {Halle an der Saale}, publisher = {Niemeyer}, date = {1921}, note = {251–282: 254–282} }
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Project description: CELT: Corpus of Electronic Texts
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The electronic edition covers pp. 254–282.
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Segmentation: div0=the saga. div1=the paragraph; div2="question and answer dialogue between Finn and Ailbe; page-breaks are marked pb n="".
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Profile description
Creation: Rudolf Thurneysen.
Date: 1920
Language usage
- The text is in German. (de)
- A few terms are in Middle Irish. (ga)
Keywords: saga; prose; medieval; wooing; translation
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- 2008-07-18: Div0 modified, content of 'langUsage' revised, addition to bibliography, minor modifications made to header. (ed. Beatrix Färber)
- 2005-08-04T14:18:46+0100: Converted to XML (conversion Peter Flynn)
- 2002-07-19: File parsed using NSGMLS; header created. (ed. Beatrix Färber)
- 2002-07-02: Text proofed (1). (ed. Angela Naujoks)
- 2002-06-26: Text keyed in. (Text capture Angela Naujoks)